Ein digitales Ökosystem für eine vernetzte Forschung

Switch hat sich erfolgreich für die Beteiligung am Projekt EOSC Data Commons beworben. Das Projekt zielt darauf ab, dass Forschende Daten effizienter finden, analysieren, speichern und teilen können – für bessere Zusammenarbeit, Vernetzung und schnellere Erkenntnisse.

Text: Roland Eugster, publiziert am 08. April 2025

Sebastian Sigloch von Switch im Interview über das Projekt EOSC Data Commons.
Sebastian Sigloch von Switch im Interview über das Projekt EOSC Data Commons. Fotos: Samuel Schneider, Switch

Der Klimawandel oder die Energieversorgung gehören zu den grossen Herausforderungen dieses Jahrhunderts. Forschende arbeiten fieberhaft daran, diese Probleme zu lösen. Damit bahnbrechende Lösungen entstehen können, braucht es einen multidisziplinären Ansatz. Die Forschung benötigt ein digitales Ökosystem, das den Austausch von Daten und Werkzeugen über Fachgrenzen hinweg unterstützt. Genau dafür hat die Europäische Kommission im Rahmen von Horizon Europe verschiedene Projekte ins Leben gerufen, darunter EOSC Data Commons, an dem sich auch Switch beteiligt.

Sebastian Sigloch leitet dieses Projekt bei Switch. Er und sein Team verfügen über viel Expertise in den Bereichen FAIR Data und Open Science. Im Interview erklärt er, worum es im Projekt geht und welchen Nutzen die Schweizer Forschungsgemeinschaft erwartet. 

Sebastian, herzliche Gratulation zur erfolgreichen Bewerbung. Erkläre uns bitte, worum es beim Projekt EOSC Data Commons geht.

Vielen Dank. Die Gratulation gebe ich gerne auch an meine Kollegen im Team weiter. Bei EOSC Data Commons geht es um Verbesserungen im gesamten Lebenszyklus von Forschungsdaten – von der Suche und Analyse bis hin zur langfristigen Speicherung und Wiederverwendung. Damit Forschende einfacher auf Daten zugreifen, sie analysieren und mit anderen teilen können, entwickeln 22 europäische Partnerorganisationen gemeinschaftlich neue digitale Lösungen.

Interview with Sebastian Sigloch from Switch about the EOSC Data Commons project.

Kannst du einige Beispiele nennen?

Die fünf wichtigsten Lösungen – auch Service-Packages genannt – sind:

  1. Die intelligente Suche nach Forschungsdaten: Ein System analysiert Metadaten – also beschreibende Informationen zu Forschungsdaten und Services – mithilfe von KI und erleichtert so das Wiederauffinden relevanter Daten und Services.
  2. Die Vernetzung von Datenquellen: Eine Plattform verbindet verschiedene Datenquellen (Föderation von Datenrepositorien) miteinander und stellt Forschenden Werkzeuge zur Analyse und Nutzung dieser Daten zur Verfügung.
  3. Digitale Werkzeuge für Forschende: Eine Sammlung wissenschaftlicher Software-Tools, die nahtlos mit Forschungsdaten genutzt werden können. Dazu gehören auch Standards für Metadaten, die sicherstellen, dass die Werkzeuge miteinander kompatibel sind.
  4. Die Bereitstellung und Nutzung von Software: Ein Service, der es Forschenden ermöglicht, die benötigten Analyse-Tools direkt nach der Suche in einer passenden Infrastruktur auszuführen, ohne sie selbst installieren zu müssen.
  5. Die Qualitätsprüfung der Daten: Ein System zur Bewertung, wie gut die Daten den FAIR-Prinzipien entsprechen, also ob sie Findable, Accessible, Interoperable und Reusable sind. Dazu gehören auch Richtlinien, um die Nachnutzung von Daten zu verbessern.

Switch hat den Lead beim Aufbau des ersten Work Packages, also bei der Dateninfrastruktur für die intelligenten Suche nach Forschungsdaten und Services. Dazu werden wir mit einigen europäischen, aber auch Schweizer Institutionen zusammenarbeiten.

Wie kam es dazu, dass Switch den Lead für genau dieses Service-Package erhielt?

Switch arbeitet seit geraumer Zeit am Aufbau einer Basisinfrastruktur und von Data Services für die intelligente Suche nach Forschungsdaten mithilfe von Metadaten. Dabei geht es insbesondere um Metadaten, die für die Forschung bislang schwer auffindbar oder kaum sichtbar sind. Aus diesem Kompetenzaufbau ist zum Beispiel das Beta-Produkt Open Data Navigator entstanden. Diese Erfahrungen haben letztlich dazu geführt, dass wir in diesem Service-Package als führende Partnerorganisation auf europäischer Ebene anerkannt werden. Unser Open Data Navigator wird nun in diesem Projekt weitergeführt. 

Das klingt vielversprechend. Welche Auswirkung wird eure Arbeit haben?

An EOSC Data Commons beteiligen sich zwölf Organisationen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen: Social Sciences, Humanities, Physics, Life Sciences, Health und Environmental Sciences. Während der Projektlaufzeit konzentrieren wir uns primär auf konkrete Anwendungsfälle aus diesen Disziplinen. So stellen wir sicher, dass die Entwicklung von Lösungen gemeinsam mit den Disziplinen erfolgt und genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. EOSC Data Commons wird sich auch mit den entstehenden EOSC-Nodes verbinden, um eine breitere Wirkung zu entfalten. Wie die Ergebnisse in der Schweiz weiterverwendet werden können, werden wir gemeinsam mit unseren Partnerinstitutionen klären. Neben Switch sind aus der Schweiz auch die ETH Zürich, die Universität Zürich und das Swiss Institute for Bioinformatics am Projekt beteiligt.

Was sind diese EOSC-Nodes genau und wie spielt das zusammen?

Einen Node kann man sich als digitalen Zugangspunkt vorstellen. Forschende erhalten dort Zugang zu verschiedenen Diensten, Daten, Tools und Rechenkapazitäten – alles in einer offenen und vernetzten Umgebung. Derzeit besteht mit dem EOSC EU Node ein zentraler Aus- und Zugangspunkt einer Föderation. Weitere EOSC-Nodes sollen sich zu einer Föderation zusammenschliessen. Jeder Node stellt dann seinen Endbenutzenden nach gemeinsamen Regeln Zugang zu Ressourcen für seine Communitys bereit. Laut Projektbeschrieb wird sich EOSC Data Commons mit dem EOSC EU Node – respektive mit der aufkommenden EOSC-Föderation – verbinden. Parallel dazu gibt es weitere Initiativen, die in dieses Netzwerk hineinwirken. 

Das heisst, EOSC Data Commons ist nicht die einzige Initiative, an der Switch beteiligt ist?

Richtig. Switch ist schon seit längerem Mitglied der EOSC Association und wirkt dort auch in zwei Task-Forces mit. Man kann sich das wie einen Brainpool vorstellen, in dem Fachleute gemeinsame Kernbereiche von EOSC spezifizieren und zur Umsetzung bringen. Switch wird sich auch am Horizon Europe Projekt EOSC Gravity beteiligen. Rund um diese europäischen Projekte entstehen auch in der Schweiz nationale Aktivitäten. Uns ist es wichtig, hier eine Brücke zwischen den Hochschulen und den europäischen Projekten zu bauen. Switch vertritt die Interessen ihrer Destinatäre und stärkt die Solidarität und interdisziplinäre Zusammenarbeit über alle Institutionen hinweg. Ziel ist es, Synergiepotenziale zu erschliessen und unsere wissenschaftlichen Communities auf die kommende EOSC-Föderation vorzubereiten und aktiv einzubinden.

Interview with Sebastian Sigloch from Switch about the EOSC Data Commons project.

Weshalb ist Switch aus deiner Sicht die richtige Organisation, um dieses Thema in die Zukunft zu tragen?

Meiner Meinung nach bringt Switch für eine erfolgreiche Anbindung von Schweizer Organisationen an die entstehende EOSC-Föderation drei entscheidende Stärken mit: Erstens agieren wir als Stiftung unter der Governance von Hochschulen, Bund und Kantonen. Dank dieser breiten Verankerung können wir unsere Aufgaben unabhängig wahrnehmen. Zweitens haben wir die Fähigkeit, transversale Digitalisierungsthemen im Schweizer Bildungs- und Forschungsraum zu erschliessen und die gemeinsamen Interessen der verschiedenen Communities hinsichtlich EOSC zu bündeln. Die notwendigen Kompetenzen im Themenfeld haben wir aufgebaut. Drittens sind wir international sehr gut vernetzt – etwa über GÉANT – und bringen langjährige Expertise in den Bereichen Netzwerk, Cybersicherheit, Identitätsmanagement und Cloud mit. Das macht uns zu einem starken Anbieter und Schützer von ICT-Infrastrukturen, um in der Schweiz im Rahmen von EOSC eine souveräne und sichere digitale Zukunft zu gewährleisten. Insgesamt können wir in der Schweiz einen konkreten Beitrag zur gemeinsamen, kosteneffizienten und nachhaltigen Nutzung von Daten, Diensten und Forschungsinfrastrukturen leisten und das Ökosystem darauf vorbereiten.

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Roland Eugster

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Senior corporate communications specialist

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